Veröffentlicht am 10. Juni 2025
Text: Abteilung Case-Management

Ich habe die Verantwortung übernommen – Andrea B. über ihren Weg zurück

Andrea B. fand mit der Diagnose komplexe posttraumatische Belastungsstörung endlich Klarheit – und mit der Stiftung Wisli eine wertvolle Unterstützung für ihren beruflichen Wiedereinstieg. Der Weg war geprägt von Herausforderungen, aber auch von persönlichem Wachstum. Durch gezielte Begleitung, realistische Selbstreflexion und eine neue Lebenshaltung lernte Andrea, ihre Grenzen zu respektieren und gleichzeitig ihre Stärken einzusetzen.

Andrea B. hat erlebt, wie wichtig eine richtige Diagnose ist. Lange galt ihre Erkrankung als Depression, bis schliesslich eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung erkannt wurde. Erst diese Klarheit machte den Weg frei für eine gezielte Unterstützung. Nach zwei Klinikaufenthalten musste sie ihre Stelle als Kauffrau aufgeben. Die SVA bewilligte eine berufliche Integrationsmassnahme und empfahl die Stiftung Wisli.

"Ich hatte keine Erwartungen – aber grosse Sorgen, dass mir das Programm zu viel Energie abverlangen würde", erinnert sich Andrea. Auch die Auseinandersetzung mit dem eigenen Funktionsniveau sei herausfordernd gewesen. "Man muss sich eingestehen, dass nicht mehr alles geht wie früher, das ist schwer." Ein Wendepunkt war für sie die Entscheidung, selbst aktiv zu werden. "Ich habe meinen Lifestyle komplett verändert und die Verantwortung für meine Gesundheit übernommen." Diese bewusste Haltung trug sie durch das gesamte Programm. Besonders wichtig war ihr die Begleitung durch ihre Case-Managerin: "Frau Schipani war mein Fels in der Brandung. Ich konnte mit ihr offen über alles sprechen, sie hat mir geholfen, im Spannungsfeld aller Beteiligten den Überblick zu behalten." Der Einstieg über das Werkatelier, mit Bewegung in der Natur und Austausch in der Gruppe, hat ihr geholfen, anzukommen. Während ihres Arbeitstrainings in der Fachstelle Arbeits- und Stellenvermittlung (kurz FASt) machte Andrea neue, bestärkende Erfahrungen. "Ich habe gespürt, dass ich trotz Einschränkungen ein wertvoller Teil eines Teams sein kann." 

Zen-Würfel - meditatives Malen im Werkatelier

Der Umzug in den neuen Wisli-Campus war ambivalent. Sie schätzt die zentrale Lage und die moderne Infrastruktur, übt aber auch Kritik an der offenen Raumgestaltung: „Akustik und Reize sind für Menschen mit psychischen Belastungen eine Herausforderung.“ Gleichzeitig merkt sie an, dass sie die vorhanden Rückzugsmöglichkeiten wie Ruheräume zu wenig genutzt hat und sich bewusst ist, dass bei der Planung viele Faktoren berücksichtig wurden. Letztlich geht es darum, auf die Realität des ersten Arbeitsmarkts vorzubereiten.

Was sie aus ihrer Zeit bei Wisli mitnimmt? „Ich habe gelernt, dass auch Menschen mit Einschränkungen wertvoll sind und dass sie in unserer Gesellschaft einen Platz verdient haben.“ Andrea hat heute mehr Klarheit darüber, wo ihre Grenzen liegen. „Ich musste lernen, wann Offenheit gut ist und wann Zurückhaltung schützt. Denn viele Menschen versuchen zwar Verständnis für psychische Erkrankungen zu haben, aber da die Erkrankung nicht sichtbar ist, fällt das vielen schwer." Offenheit ist Andrea wichtig, aber sie birgt auch Risiken.

Nach dem Arbeitstraining bei der Stiftung absolvierte Andrea einen Arbeitseinsatz im ersten Arbeitsmarkt. Nun ist sie aktuell auf Stellensuche mit einer IV-Teilrente.

Eine IV-Teilrente erhalten Personen, die aus gesundheitlichen Gründen nur noch teilweise arbeitsfähig sind. Sie können in einem bestimmten Pensum weiterhin arbeiten, erhalten aber zur finanziellen Absicherung eine Rente von der Invalidenversicherung (IV) für den nicht mehr erwerbbaren Anteil. Ziel ist es, trotz Einschränkungen eine möglichst selbstbestimmte und stabile berufliche Perspektive zu ermöglichen.